Donnerstag, 3. Dezember 2009

Schwerer Rückschlag für die Bürgerbeteiligung bei der Stadtplanung am Spreeufer

Vor ungefähr 1,5 Jahren waren 180.000 Friedrichshain-Kreuzberger aufgerufen innerhalb eines Bürgerentscheides über die Bebauungspläne am Spreeufer zu entscheiden. Dieser wurde gültig, weil mehr als 15% aller Wahlberechtigten wählten. Hier berichtete z.B. die TAZ.

Die Initiative "mediaspree versenken" konnte hier mit über 30.000 Stimmen einen überwältigenden Erfolg für Ihre Pläne, einer eingeschränkten Taufhöhe für neu zu bauende Gebäude und, weitaus wichtiger, einen unbebauten 50 Meter breiten öffentlich zugänglichen Uferstreifen realisieren.



Der Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) forderte daraufhin den Berliner Senat auf, dieser hat die Möglichkeit Großprojekte an sich zu ziehen, den Bürgerentscheid zu akzeptieren und richtete einen Sonderausschuss "Spreeraum" ein. Dieser tagte bis zum gestrigen Mittwoch monatlich und suchte nach Möglichkeiten, dem Bürgerwillen gerecht zu werden.

Dieser Sonderausschuss muß nun, und so auch das Modell eines bürgerfreundlichen Spreeraums, als gescheitert angesehen werden. Die Bürgerdeputierten der Initiative "mediaspree versenken" haben unter Protest dem Sonderausschuss eine klare Absage erteilt.

Hintergrund:
Die Bürgerdeputierten fühlten sich im Sinn ihres Auftrags den Bürgerentscheid durchzusetzen "über den Tisch gezogen" und seien während der Verhandlungen eher als politischer Gegner, als als Partner behandelt worden. So wurde sowohl von den Parteien "mit falschen Karten" gespielt und erst jüngst mit Hilfe einer Pressemitteilung Ergebnisse verkündet, die "so" noch nicht festgeschrieben waren. Auch wurde ein "Abschlußbericht" angekündigt, dessen Inhalt im wesentlichen diktiert ist und keineswegs den Vorstellungen des Bürgerentscheids entsprachen.

Von den Bürgerdeputierten wurde zudem kritisiert, das offensichtlich Grundstücke als bereits verkauft deklariert wurden, die noch zu Disposition standen und somit im Sonderausschuss behandelt werden können bzw. müssen.

Es wurden von Anbeginn drohende Schadenersatzklagen in Höhe von 165.000.000 Euro ins Feld der Verhandlungen geführt, blieb aber jedem Beleg schuldig. Einige Grundstücke die innerhalb der Planung bebaut werden sollten gehören Landeseigenen Unternehmen wie der BEHALA (Hafenanlagen) oder der BSR (Stadtreinigung). Die angeführten Schadensersatzforderungen müssen also angezweifelt werden.

Statt dessen wurden, zumindest von mir in der letzten Sitzung beobachtet, Gäste geladen dessen vorgestellte Projekt weder den beteiligten Politikern bekannt war oder auch nur realisierbar war. Der Plan, einen Jungfernturm -analog zum Istanbuler Jungfernturm- auf einen Brückensockel zu errichten und mit einer Brücke zu verbinden war schon wegen der Nutzungsdauer nicht praktikabel. Dennoch kostete diese Projektvorstellung viel Zeit, die der eigentlichen Aufgabe des Sonderausschusses nicht mehr zur Verfügung stand.


Wie geht es nun weiter?
Die aktuellen Bebauungspläne des Spreeraum-Areals sehen sowohl auf der Friedrichshainer , als auch auf der Kreuzberger Seite Bürobauten und andere Zweckbauten z.B. auf dem Gelände des ehemaligen Postbahnhofs vor. Dort ist z.B. eine riesige Eissporthalle geplant. Neben der O2-World, einer riesigen und offensichtlich aktuell wirtschaftlich kaum tragfähigen Veranstaltungshalle entstünde ein Stadtgebiet, das für bürgerliches Leben im herkömmlichen Sinn (wohnen, einkaufen und arbeiten) keinen Platz mehr böte. Mehr noch, das Spreeufer würde zu einen Auto- Durchfahrtsgebiet in unmittelbarerer Zentrumnähe verkommen, weil dieser Retortenkietz für Besuche nur wenig attraktiv wäre. Ein Naherholungsgebiet für Einheimische und Touristen, wie die Bürgerdeputierten sich das vorstellen, ist auf Basis des Planungsstandes jedenfalls nicht denkbar!

Sowohl Politik als auch die Bezirksverwaltung haben nun das, was sie brauchten. Sie haben offensichtlich "auf Zeit" gespielt und währenddessen munter Sachzwänge ins Feld geführt die bei näherer Betrachtung Makulatur waren. Sie haben eine "Bürgerbeteiligung" zugelassen und einen "Abschlußbericht" verfasst, der die erzielten Erfolge (kein Hochhaus am Osthafen, keine weitere Autobrücke) als "eigene" feiert.

Nun ist die Frage inwieweit die Intitiative "mediaspree versenken" ihre Arbeit fortführt oder ob z.B. eine professionelle Mediation eingebunden werden könnte, welche zwischen den Bürgerdeputierten und der Bezirksverwaltung und der Politik vermittelt.

Schaun mer mal!


Wichtige Links:
+ [1] http://www.taz.de/regional/berlin/aktuell/artikel/1/mediaspree-ist-ansichtssache/
+ [2] http://www.frieke.de/index/2894874.html#6