Sonntag, 3. März 2013

Wowereit, das Denkmal bleibt!

In der Mühlenstraße in Berlin-Friedrichshain an der East Side Gallery haben sich am Sonntag, 3. März 2013, mehr als 6.000 Demonstranten (Polizeischätzung) versammelt, um gegen den Teilabriss der Mauer zu protestieren. Das Bündnis "East Side Gallery Retten", das zu dieser Demonstration aufgerufen hatte, hat bei seiner Online-Petition in weniger als drei Wochen schon mehr als 60.000 Unterschriften gegen den Abriss gesammelt.

Unseriöser Journalismus

Auch wenn diverse Medien wie der Tagesspiegel, die Welt oder die BZ berichteten, dass die Menschen auf der Demo "Wowereit, die Mauer bleibt" skandierten, so riefen sie in Wahrheit "Wowereit, das Denkmal bleibt!". Kleiner aber feiner Unterschied. Ja, seriöser Journalismus sieht anders aus!

Seriöser Journalismus

Die TAZ schrieb jedoch korrekt: "Es ist ein sonniger Nachmittag - und es ist eine entspannte und gut gelaunte Demonstration, zu der sich am Sonntag an der East Side Gallery über 6.000 Menschen versammelt haben. Auf der Bühne spielt eine Band, Loveparade-Gründer und Techno-DJ Dr. Motte lässt die Berliner rufen: "Wowereit, das Denkmal bleibt", Schauspieler Ben Becker fordert mit geballter Faust zur andauernden Mahnwache auf. Es geht um das mit 1,3 Kilometern längste erhaltene Stück Mauer, das es noch gibt."

Auch die Berliner Zeitung pflegt den seriösen Journalismus. In ihrem Artikel berichtet diese Zeitung, dass auch der 1. Vorsitzende der Künstlerinitiative East Side Gallery Kani Alavi anwesend war. Er hat angekündigt, sein Bundesverdienstkreuz zurückzugeben, wenn Teile der Mauer abgerissen werden. Die Auszeichnung würdigt Kani Alavis großen Einsatz für das Entstehen der East-Side-Gallery, deren Erhalt und die Sanierung 2009. "Ich bin enttäuscht und fühle mich hintergangen. Der Abriss wurde schon 2008 genehmigt, das wurde nicht kommuniziert. 2009 wurde noch mal 2,5 Millionen Euro in die Sanierung der East Side Gallery gesteckt", sagte der Künstler.

Die besten Reden

Die beiden besten Reden hielten für mein Empfinden der Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele (Direktmandat Friedrichshain-Kreuzberg, Bündnis 90/Die Grünen) und der Mitbegründer der Club-Commission und heutiger Fachmann für Weltkulturerbe Marc Wohlrabe.

Hans-Christian Ströbele räumte in seiner Rede ein, dass er in den 90er Jahren "geschlafen habe" und Fehler gemacht wurden. Er sei erst 2007 durch die Aktivitäten von Mediaspree Versenken aufgewacht, als diese ein "Spreeufer für alle" forderten. Darauf hin habe er seine Meinung geändert und könne es nicht ertragen, dass dieses "gebrochene Symbol" beschädigt werde. "Wo kommt die Demokratie hin, wenn der Volkswillen nicht mehr berücksichtigt wird?", fragte er und forderte Klaus Wowereit und den Senat auf, den Bebauungsplan zu ändern. Schließlich haben beim Bürgerentscheid am 13. Juli 2008 über 85 % der Friedrichshainer und Kreuzberger gegen die Bebauungspläne von Mediaspree und für ein Spreeufer für alle votiert.

Marc Wohlrabe war Herausgeber des in den 90er Jahren für Berliner Raver unvergesslichen "Flyer" (Party-Programm-Plan) und er plädierte für den Verzicht auf den Neubau der Brommybrücke, da diese dem Denkmal seine Einzigartigkeit rauben würde. "Die Brücke muss fallen", sagte Marc Wohlrabe. Nur durch Verhinderung der Wiedererrichtung der im Krieg zerstörten Brommybrücke können seiner Meinung nach weitere Eingriffe an der Mauer verhindert werden. Michael Braun, seit 1995 Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin für die CDU kam auch zur Demo an der East Side Gallery und pflichtete der Forderung von Marc Wohlrabe bei. Er setzte sich für den Erhalt der East Side Gallery ein: "Ich glaube, dass hier noch ein Kompromiss ausgehandelt werden kann. Wenn die Teile der Mauer nur wegen der Brommy-Brücke abgerissen werden - die braucht kein Mensch...". Diesem Votum kann ich mich nur anschließen.

Michael Braun musste einmal mehr erleben, dass man als Repräsentant der CDU in Berlin einen schweren Stand hat. Obwohl seine Rede durchaus vernünftig war, wurde er durch Pfiffe und Johlen unterbrochen.

Viel Applaus gab es hingegen für den französischen Künstler Thierry Noir, der als einer der ersten die Berliner Mauer an der East Side Gallery bemalte. Er erinnerte an die Bedeutung dieses Denkmals: „Das ist ein Geschichtsdenkmal, das unter anderem daran erinnert, dass an diesem Abschnitt zehn Menschen bei Fluchtversuchen gestorben sind. Da kann man nicht einfach darauf wohnen.

Diese, wie auch alle andere Reden, werden sicher in Kürze bei YouTube hochgeladen werden.

Die Demo war ein Erfolg!

Der Teilabriss der East Side Gallery ist zunächst gestoppt. Erstmal soll Ruhe an der East Side Gallery herrschen. Der Hochhaus-Investor Maik Uwe Hinkel (Living Bauhaus) verzichtet laut Medienberichten zunächst auf den weiteren Teilabriss. Bis zum 18. März sollen keine Mauersegmente mehr eingerissen werden. Ein kurzes aber wichtiges Moratorium.

Dank an alle Unterstützer/innen!

Dank an alle, die am Freitag, 1. März 2013, an der Erzwingung eines Baustopps mitgewirkt haben! Dank an alle, die uns bei der Organisation der Demo geholfen haben! Dank an alle, die unser Anliegen an der Demonstration heute an der East Side Gallery durch ihre Teilnahme bestärkt haben! Dieser Dank gilt auch im Namen aller am Bündnis "East Side Gallery Retten" beteiligten Projekte: Mediaspree versenken!, Megaspree, Club-Commission, Sage Club, Sage Restaurant, Watergate, Spreetraum, Wem gehört Kreuzberg, Bürgerverein Luisenstadt, Eisfabrik, Eisenbahnmarkthalle, Berlin Music Days, Kater Holzig, Ben De Biel, Tresor, Lido und Kulturhaus Astra.