Sonntag, 15. November 2009

Gedenkfeier für Robert Enke - persönliche Eindrücke

Robert Enke war "unser" Nationaltorwart. Robert Enke war ein Mensch, Familienvater und Partner... Robert Enke suchte den Freitod!

Manchen geht der Pathos auf den Sender, mit dem nun die Trauer und die Bestattung medial betrieben wird. Dieser Phatos gipfelte in einer gemeinsamen Trauerfeier im Fussballstadion von Hannover96. Ich kann dies gut verstehen. Wann gab es schon einmal, für welche Persönlichkeit auch immer, vergleichbares!

Man mag sich kaum vorstellen, wie es der Familie nun innerhalb ihrer Trauerarbeit geht - ständig umlagert von Presse und Fernsehen. Entscheidungen treffend, die über das normale Maß einer Beerdigung hinausgehen... Zeit zum verstehen, Zeit um zu begreifen, das ein geliebter Mensch gegangen ist um nie wiederzukehren, bleibt da nicht.

Und genau hier wiederholt sich das Problem unserer (auch medialen) Leistungsgesellschaft. Für Menschen mit Ihren Problemen bleibt keine Zeit. Die Trauerfeier im Stadion ist auch eine Initiierung der Medien, auch eine Initiierung eines Fussballvereins und, wir konsumieren die "Informationen", eine Initiierung der Gesellschaft.

Heute steht fest: Robert Enke war krank. Robert Enke hatte Depressionen!

Bei Depression ist es nicht alleine die "Verdunklung der Seele", es ist die gefühlte Handlungsunfähigkeit und Ohnmacht innerhalb der "Verdunklung der Seele", die Krank macht. Es ist die Angst gegenüber der gesetzten Gesellschaftsverantwortung (du musst deinen Job schaffen, du musst arbeiten) zu versagen. Es ist die Angst gegenüber den Freunden als Versager oder schlimmer noch, Psychopath dazustehen, wenn man seine Krankheit (sich selbst) eingesteht und so quasi öffentlich macht.

Depression ist all zu menschlich, unsere Leistungsgesellschaft ist es nicht!

Ein Trugschluss? Ja!

Unsere Leistungsgesellschaft ist auch all zu menschlich, da wir Menschen sie gestalten. Gestalten bedeutet aber auch, das mann/frau die Leistungsgesellschaft verändern, korrigieren könnte.

"Millionen haben Ihn gekannt und geliebt".... Ich kannte ihn nicht, wenn ich auch ab und an seinen Namen gehört habe. Ich fühle aber mit ihm! Ich kann verstehen, auch wenn meine Kinder gesund und äußerst lebendig sind, das der Tod des eigenen Kindes Lara nur sehr schwer zu verkraften war (und für seine Frau noch ist). Ich kann das verstehen, weil ich wie die allermeisten Menschen auch, bereits geliebte Menschen an den Tod verloren habe. Ich weiß aus meiner Trauerarbeit, das der "Tod zum Leben gehört".

Es gab viele "gute Leute" die den Freitod gewählt haben. Es mag insbesondere daran liegen, weil das "gut werden" und die "besondere Leistung" erbringen zu wollen mit einem Gefühl der persönlichen Unzulänglichkeit einhergeht. Ein Gefühl, das auf der ganz persönlichen Ebene eben zu dieser besonderen Leistungen und Opferbereitschaft führt.
Nationaltorwart wird man nicht, wenn man ein ganz normales (und deshalb vielleicht ausgeglicheneres) Leben geführt hat.
Nationaltorwart wird man, wenn man bereits im Kindesalter Sondertrainings absolviert.
Nationaltorwart wird man, wenn -neben einem besonderen Talent- ungeheurer Fleiß hinzukommt.

Von vielen dem eigenen Leben begleitende Menschen als Stärke empfunden, ist es aber gerade das Gegenteil... Es ist eine Schwäche die man, auch wegen dem Eigengefühl der Verantwortung, nicht zugeben kann.

Wird unsere Leistungsgesellschaft hieraus lernen?

Wird es ein Umdenken geben?

Leider nein, denke ich!

Die Zusammenhänge zwischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, "Burn-Out-Syndrom", Depression, Leistungsdruck, gefühlter Ohnmacht und dem dann ggf. gewählten Freitod sind längst bekannt. Verändert hat sich bis dato nichts....

Es mag auch an der Tatsache liegen, weil uns der Pathos derartiger medialer Zeremonien auf den Sender geht! Weil wir innerhalb unseres eigenen (persönlichen) Leistungsdrucks keine Zeit dafür haben, um uns selbst und unsere Umwelt zu reflektieren.


Der Freitod von Robert Enke war, wie (nahezu) jeder andere Freitod auch, sinnlos!

Und Robert, wenn es im Himmel (sollte es ihn geben) einen Internet-Anschluss gibt, möchte ich Dir folgendes sagen:
"Du wirst durch deinen Freitod einen Haufen Dinge verpassen, die Dir vielleicht wichtig erschienen wären. Leider war Deine Entscheidung endgültig und ist nicht mehr zu ändern. Schau nach vorn und mach das beste daraus...!"