Montag, 21. November 2016

Warum nur Frauen mit rasierten Mösen wirklich nackt sind oder über die Ästhetik der Gegenwart

Der Begriff "Ästhetik" ist im Wandel der Zeit gefangen. Während am Anfang des 19. Jahrunderts hiermit insbesondere die Schönheit und Harmonie der Natur und der Kunst bezeichnet wurde, erweiterte Immanuel Kant den Begriff hin zur Wahrnehmung der Sinnhaftigkeit und der Sinnlichkeit einer Sache oder eines Gegenstandes.  Der große Philosoph möchte mir bitte meine Dreistigkeit verzeihen, wenn ich diesen Begriff nunmehr noch stärker erweitere und damit Vollendes pervertiere....


Wenn der geneigte Leser nun erwartet, wie Ihm durch den Blogpost-Titel suggeriert wurde, eine Abhandlung über die verschiedenen Möglichkeiten und Techniken der Intim-Rasur zu erhalten, muss leider schwer enttäuscht werden.

Vielmehr gilt der Titel als Exempel der gegenwärtigen Ästhetik übermächtiger Kommunikationsvielfalt. Hier setzt sich durch, wer über alle Maßen populistisch agiert oder wie hier, niedere Instinkte anspricht und Schlüsselbegriffe nutzt.

Die Schlüsselbegriffe "Frauen" und "Möse" (und nicht etwa Vulva, Geschlecht oder Scham) setzen den Akzent der mit dem Wort "nackt" auf die Spitze getrieben wird und - so das Ziel - die allgemeine Aufmerksamkeit generiert. Abzulesen in den Visits.

Ist das Perfide? Nein, üblich!

Den, wer in unserer Zeit nicht populistisch agiert, wird nicht gehört, so scheint es. Der geneigte Leser beweist es selbst, wenn er den bis zu dieser Zeile gelesen hat: Es funktioniert (hoffentlich als Denkanstoß)!



Ohne Sinnlichkeit ist ein ästhetisches Erlebnis nicht möglich. Ohne Ästhetik keine Harmonie, keine Schönheit und kein Frieden.




Beginnen wir also mit dem eigentlichen Artikel der sowohl den Berliner Energietisch  bzw. den Umgang der "politischen Klasse" mit demselben, als auch  die jüngste Wahl zum Inhalt haben wird.

Der Energietisch ist die logische Konzquenz aus dem bürgerlichen Engagement des Wassertisches, welche die Rekumunalisierung der Berliner Wasserwerke zum Ziel hatte. Dort gemachte Erfahrungen wurden von den (zum Teil gleichen) Protagonisten übernommen, weiterentwickelt und vervollkommnt.
An dieser Stelle zeigt sich der engagierte Bürger als Lern- und Erfahrungs-fähig. Der politische Gegner des Energie- bzw. Wassertisches, unsere gewählten Volkvertreter bzw. der Senat und seine Verwaltung zeigen sich zwar kreativ, aber eben weder Lern- noch Erfahrungs-fähig.
Der letzte Senat setzte nicht nur hohe Hürden zur Durchführung eines Volksentscheids sondern agiert mit allerlei Taschenspielertricks gegen den eigentlichen Souverän, den Bürger!

Das der emanzipatorische Gedanke längst aus seiner Geschlechterrolle geschlüpft ist und sich als "ich bin fähig, willens sowie intellektuell gereift" gesamtgesellschaftlich manifestiert, ist in der "politischen Klasse" gänzlich unbemerkt geblieben.

Unsere Volksvertreter nehmen jedes bürgerliche Engagement als Bedrohung, als Gefahr, wahr. Die Frage entsteht zusehens: Wer wäre den künftig wählbar? Definiert sich "mein" Volksvertreter doch als Gegner.

Die Harmonie, die Ästhetik, ja die Schönheit der Politik wird so schwer gestört.




Ich kritisiere schon seit Jahren das sich unsere Volksvertreter eine eigene Gruppen-Bezeichnung, die der "politschen Klasse", zugelegt haben.

Die politische Klasse mutierte zu einer sozio-kulturellen Gruppe, welche insbesondere sich selbst repräsentiert. Die "Repräsentative Demokratie" wird so für die Akteure zur Nebensache. Der Bürger wird bestenfalls belogen, aber kaum mehr vertreten. Klientel-Politik wird täglich erfahrbar... und dem Populismus Vorschub geleistet.

Die Partei des Populismus, die AfD, hat bei den letzten Wahlen mit 14,2% der Stimmen ein außerordentliches (Demokratie-schlechtes) Ergebnis erzielt. Das Spiel mit den Angst-Begriffen "Überfremdung", "Kriminalität", "Flüchtlinge", "Vergewaltiger" und "Schmarotzer" hat eine Wähler-Klientel angesprochen, die im großen und ganzen innerhalb des Partei-Programms (Kürzung der Sozial-Leistung, keine Erbschaftssteuer etc.) grundsätzlich benachteiligt werden.

In meinem ersten Absatz habe ich belegt, das sich Begriffe wandeln, erweitern und weitaus wichtiger, übertragen lassen, ohne zu einer Metapher zu werden. Der AfD tat das mit dem Begriff "Gutmensch", der naiv, dumm und selbst verliebt einer Lüge aufgesessen ist, die da hieß: "Wir schaffen das"

Wer nun aber, hat was geschafft? Was war überhaupt zu schaffen?

Nun, ich denke, es war die Aufnahme der Geflüchteten, die zu schaffen war. Diese Aufnahme, Verpflegung und Unterbringung wäre ohne dem zivil-gesellschaftlichen Engagement der jeweils einzelnen Bürger gar nicht möglich gewesen. Es ist kein einzelner Fall eines in Deutschland angekommenen Geflüchteten bekannt, der im letzten Winter - weil obdachlos - erfroren wäre.

Also, haben "wir" das geschafft? Ja!

Wer waren aber nun die Bürger, die dieses gesellschaftliche Engagement überhaupt leisteten? Sind das nicht vielleicht auch dieselben Bürger, die sich mit/bei Energie- und Wassertisch zivil-gesellschaftlich für Ihre Belange einsetzten und teils dafür politisch bekämpft, angefeindet aber zumindest behindert wurden?

Stattdessen hat sich die Bundespolitik von der "Stimmung" von der AfD vor sich her treiben lassen und das Asylgesetz verschärft. Die Rechtsaußen der CSU, welche "Obergrenzen für Flüchtlinge" und damit Verfassungsbrüche forderten, lasse ich hier mal ungenannt ;-) . Nicht aber das die CSU auch Regierungspartei ist!

Gewonnen hat die Berliner Wahl ein nunmehr mit Koalitionsvertrag besiegeltes Bündnis aus Sozial-Demokraten, Grüne und Die Linke. Insgesamt 56% der Wähler sind in diesem Bündnis repräsentiert, was als eine satte Mehrheit bezeichnet werden kann.

Es steht nicht zu erwarten, das das politische Engagement der Bürger Berlins ge- oder unterstützt wird. Dies ist im Koaliationsvertrag nicht notiert. Dennoch liest sich dieser Vertrag, im Gegensatz zum Vertrag von 2011-16 sehr modern und nach vorne gerichtet.

Auf Seite 173/174 liest sich das z.B. so:
"Die Koalition wird in der Entwicklung ihrer politischen Maßnahmen und Initiativen verstärkt auf entwicklungspolitische Wirksamkeit achten. Vergaben und Förderungen des Landes orientieren sich auch an sozialen, ökologischen und fairen Kriterien.
Berlin strebt den Titel der „Fair Trade Town“ an. Die Koalition wird zur Stärkung der entwicklungspolitischen Arbeit den Aufbau des Eine Welt Zentrums „Global Village“ und seine weitere Arbeit unterstützen.

Das Eine-Welt-Promotorenprogramm wird fortgesetzt.

Die Koalition wird die Agenda 2030 der Vereinten Nationen für eine nachhaltige globale Entwicklung und die 17 globalen Ziele nachhaltiger Entwicklung (Sustainable Development Goals) in allen Politikfeldern konkretisieren sowie in den entwicklungspolitischen Leitlinien und der Nachhaltigkeitsstrategie verankern."

Es scheint so, das die neue politische Ästhetik von einem "Think lokal, act global" geprägt sein soll, das persönliche Handlungsrahmen erweitert und so der Angstmache des AfD entgegenwirkt.

Pragmatismus statt Populismus?

Ich hoffe, das wirkt!

Der nun zu bildende Senat, das Abgeordnetenhaus und die Umsetzung der Vereinbarung werden sich an Ihren Erfolgen messen lassen müßen.