Siebdruck: Laura Polke, Berlin |
Ja, ich konnte trotz mehrstündiger Recherche im Internet und einem Besuch in einer Bibliothek keinen Hinweis darauf finden, ab wann – und der Erste Weltkrieg dürfte ehedem auch nicht als derer bezeichnet worden sein – wann die Erstbenennung stattfand. In Russland wird der 2.Weltkrieg noch immer als der „Große Vaterländische Krieg“ bezeichnet, was vielleicht auch Anteile des in Russland gelebten Nationalismus erklärt.
Unser aktueller Welt-Krieg – nennen wir Ihn getrost „Dritter Weltkrieg“ - basiert auf eine Kriegstreiber-Politik, die gewollt ist, oder nicht. Diese Frage möchte, oder muss ich hier gar nicht beantworten. Und sollte er gewollt sein, wäre die Frage zwangsläufig, von wem? Es ergäbe sich zudem die Frage nach einem Warum? Dieser gesamte Fragen-Komplex dürfte dem Menschen, dem gerade Bomben auf den Kopf fallen, nicht interessieren. Den Menschen, die sterben werden oder auf Basis eines aktuellen Angriffes sterben sollen (siehe Aleppo (2) ), haben existenzielle Überlebensängste. Diesen Menschen interessiert die Fragen nach dem Wieso?, Weshalb? und Warum? nicht mehr. Da ist dann nur noch eine Frage offen: Überlebe ich das?
Merkmal 1 eines Weltkrieges: Mindestens eine Generation wird hinein geboren und verheizt!
Ich erinnere mich noch gut an die Erzählungen meines Vaters, der 14jährig, mehrere Bombennächte im Rheinischen Land überlebte, Ich erinnere mich, das er 1931 ins NS-Regime hinein geboren und aufgewachsen, wohl seinen Dienst an der Flag (Flugabwehrgeschütz) angetreten hätte, einzig er war (noch) zu jung und er lebte – zum Glück – im Rheinischen Land. Wenige Monate später, im Endkampf um Berlin wurden dann auch 12jährige Jungen und Greise über 70 an die Waffen gerufen und zehntausend-fach in einem ohnehin längst verlorenen Krieg getötet.
Merkmal 2 eines Weltkrieges: Internationale Beteiligung und das Verteufeln ganzer Völker oder Regionsgemeinschaften!
„Unser“ Weltkrieg begann, wie oben schon postuliert, am 11. September 2001 mit dem Terroranschlag gegen das Word-Trade-Center in New York (1). Eine Tat, die alleine deshalb eine Zeitenwende bedeutet, weil ein jeder Mensch – war er nur alt genug – sich selbst an seine damalige (private) Situation erinnern kann. Nunmehr, 15 Jahre später, muss das erste Merkmal eines Weltkrieges, wie auch das Zweite als gegeben angenommen werden.
Während sich auf der Arabischen Halbinsel sunnitische und schiitische Islamisten mit der Unterstützung von nahezu allen Supermächten bekämpfen, verunglimpfen heimische Politiker der AfD, NPD und CSU die vor den Kriegen geflüchteten Menschen auf das widerlichste. Sie werden wahlweise als potentielle Terroristen, Vergewaltiger und Sozial-Schmarozer, welche sich „auf unsere Kosten“ ein bessere Leben machen wollen, bezeichnet.
Merkmal 3 eines Weltkrieges: Als Kollektives Ereignis erlebt ein jeder Mensch den Weltkrieg für sich selbst!
Schon seit früher Jugend an Geschichte und Geschichten interessiert, verbrachte ich die 2 Hälfte der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts in der Eifel, unweit des von den Nazis als Verteidigungslinie gebauten Westwalls (3).
Als Wirts-Sohn hatte ich seinerzeit viel Kontakt zu älteren Menschen, oft schon Rentner, die mir bei ihrem Bier die Geschichte ihres Lebens erzählten, von denen mir einige prägnante Sätze er-innerlich sind.
Diese waren:
„Der Nazi hier im Dorf, den hat doch eh keiner Ernst genommen, das war doch eh der Dorfdepp.“
„Das mit dem Westwall war doch gar nicht so schlecht, da kam wenigstens mal frisches Blut ins Dorf und verdient haben wir auch dran...“
„Der Krieg, der dauerte hier nur 6 Wochen.“
Diesen Aussagen darf man guten Gewissens eine gewisse Verklärung unterstellen, welche auch die Mitverantwortung im Selbstbild minimieren sollte. Auch haben die 30 Jahre, welche zwischen Erzählung und Wirklichkeit lagen, Ihr übriges getan: Verdrängt jeder Mensch doch die schlechten, negativen Erfahrung.
Fest steht, der „Dorfdepp“ stand keineswegs allein. Fotos aus der Zeit belegen, das nahezu – unterstellt man auch einem „besonderen Tag“ - aus nahezu allen Fenstern des Dorfes Hakenkreuz-Fahnen hingen.
Wenn sich also der „Dorfdepp“ als Nazi hervor tat, dann doch sicher nicht ohne Duldung und Unterstützung der Dorfgemeinschaft.
Die bäuerliche Gemeinschaft in der Eifel war „Heimatfront“ und ein aufgestelltes Mahnmal benennt die damaligen Kriegsopfer. Die Väter, Mütter und Frauen dieser getöteten Soldaten waren mit der Nahrungsmittelproduktion beschäftigt. Das „Frische Blut“ waren zum Bau des Westwalls abgestellte „Fremdarbeiter“, teils privat einquartiert, wohl auch die eine oder andere Krieger-Witwe „trösteten“.
Und selbstverständlich dauerte der Krieg auch in der Eifel keine 6 Wochen, sondern bezeichnet den Einmarsch der Alliierten und nicht den schleichenden Zerfall der Zivil-Gesellschaft.
Erich Kästner, uns eher als Kinderbuch-Autor bekannt, tatsächlich aber sich selbst bezeichneter „Chronist des Grauens“, sagte einmal: „Die Nazis hätte man noch 1928 verhindern können.“
Nach dieser Aussage war es 1929 schon zu spät! Was aber passierte in den Jahren 1929-33?
Nun, ganz einfach:
Nach dem sogenannten „Schwarzen Freitag“ (4), der eigentlich ein Donnerstag war, brach die Weltwirtschaft zusammen. Die Folge war eine weltweite Rezession und weitgehende Arbeitslosigkeit. Die Folgen des 1. Weltkriegs, in Europa und Deutschland noch immer spürbar, taten ihr übriges um die bestehende Atmosphäre der Angst und Verunsicherung weiter zu verstärken.
Merkmal 4 eines Weltkrieges: Das wieder Erstarken des Faschismus ist Bedingungen oder mindestens Zwangsläufig!
Die Weltwirtschaftskrise = Angst = Krieg ist aber leider zu kurz gedacht. So einfach ist das ganze nicht, lässt diese Formel doch den Menschen, bzw. das Mensch-Sein außer Acht.
„Angst“ ist ein klar auch körperlich zu spürendes Gefühl, das mit einer entsprechenden Reaktion einhergeht: Dem vermehrten Auswurf des körpereigenen Hormons Adrenalin (5).
Ein ganzes Volk, ein ganzer Kontinent war plötzlich auf rein körperlicher Ebene nur noch zu 3 Reaktionen fähig: Flucht, Kopf in den Sand oder Angriff!
Im Grunde, und auch unabhängig jeder politischen Gesinnung, waren nun diejenigen Menschen im Vorteil, welche „per se“ kämpfen wollten. Dieser Umstand führte zu einer unversöhnlichen Gegenüberstellung von Ansichten und Meinungen, welche Diskurs, Alternativ-Entwicklungen oder Kreativität (in der Problem-Bearbeitung) ver-unmöglich-ten.
Während im Sinn einer „Machtergreifung“ derer, welcher „den Kopf in den Sand steckt“ und derjenige, der flüchtet, außer Acht gelassen werden kann, muss (und wird) der „Angreifer“ bzw. „Kämpfer“ benutzt werden.
Die autoritär-nationale Bewegungen wie die NSADP, welche ihre Entsprechung nun teils bei der NDP, AfD u.a. wiederfinden, nutzten hierzu Querfront-Konzepte (6). Die Frage der politischen Gesinnung (Links?. Rechts?) wurde negiert und lediglich - im Sinn einer Opfer-Täter-Rolle - als Grund für den „gemeinsamen“ Kampf in den Vordergrund gerückt. Die „Säuberung“ konnte (und kann) getrost auf die Zeit nach der „Machtergreifung“ erfolgen. Im Vorfeld der Machtergreifung kommt es lediglich auf die Verunsicherung der Eliten und derer an, die Flüchten oder angstvoll Innehalten.
Zumal, die Grenzen von „Flucht“ über „Kopf in den Sand“ bis zu „Angriff“ müssen als fließend betrachtet werden. Der Flüchtende und der Innehaltende, als Wahlvolk nutzbar, stützt die Strategie der Angstmache und bestätigt das Aggressions-Konzept.
Ausgerechnet die AfD erhält aus diesem Grund Wahlstimmen von dem von Ihnen keineswegs im politischen Programm berücksichtigten „Heer der Abgehängten“, welche unfähig sind, für sich selbst zu kämpfen oder einzustehen.
Merkmal 5 eines Weltkrieges: Ein Weltkrieg ist niemals unmenschlich, wird er doch von Menschen gemacht!
Nur ein „Volk auf Adrenalin“ lässt sich Gleichschalten und ist deshalb für faschistische Strömungen empfänglich. So auch jetzt bei uns. Die persönlichen Verhältnisse sind inzwischen so angespannt, der Lohn so gering, der Arbeitsplatz direkt bedroht, was den Adrenalin-Spiegel steigen lässt.
Aus den Heer der (gefühlt) Abgehängten wird ein Heer der Adrenalin-Junkys. Später dann, je nach Gusto der (maskulin) Herrschenden, wird daraus ein Heer der Waffenträger.
Es wäre ungerecht alleine die neu erstarkte faschistische Bewegung in Europa zu betrachten. Selbstverständlich gehört die salafistische „Lies-Bewegung“ und der nunmehr verbotene Verein „Die wahre Religion“ als Kombattant dieses neuen Weltkrieges genannt. Eine Analyse derer, die dort „rekrutiert“ wurden, bestätigt das Gesamtbild.
Merkmal 6 eines Weltkrieges: Das „Heer der Kriegs-Unwilligen“ ist machtlos, wenn es sich nicht intelligent zu Wehr setzt.
Bei nahezu jedem Streit, jeder Auseinandersetzung kann man Menschen beobachten, welche die tätige Auseinandersetzung vermeiden wollen. Auf Gespräche und Diplomatie setzend, sind das Menschen, die im weitesten Sinne als Pazifisten (7) bezeichnet werden können.
Innerhalb einer Auseinandersetzung reagieren diese Menschen, vielleicht weil nicht direkt involviert, gelassener, ruhiger, ausgleichender, als die eigentlichen Kompantanten. Man kann getrost feststellen, das diesen „Friedenstifter“ neben den 3 Verhaltensmustern noch weitere Handlungsoptionen zur Verfügung stehen und diese tätig in den Konflikt eingebracht werden können.
Ein jeder wird sich an Formeln wie „beruhigt Euch doch erst einmal“, „setz Dich an den (Verhandlungstisch-)Tisch“ oder wie von mir oft benutzt, „mach Dich locker...“ erinnern. Diese Formeln bewirken, ist der Konflikt noch nicht zu weit fortgeschritten, eine tatsächliche Entspannung. Der körpereigene Adrenalin-Level wird gesenkt.
Wie aber nun kann man den Adrenalin-Level eines ganzen Volkes senken? Man möchte glauben, das das unmöglich ohne die herrschende Elite (gewählt oder nicht) vonstatten gehen kann.
Ich persönlich halte das für einen Irrtum. Ich denke, das ein jedes Mitglied einer gesellschaftlichen Ordnung erst einmal alleine für seinen, nennen wir es - Seelenzustand - verantwortlich ist.
Das Erfolgsmodell hierzu? Hedonismus (8)
Die Formel „Das Sein bestimmt das Bewusstsein“ (Die Körperlichkeit bestimmt das Denken) kann durch eine hedonistische Lebensweise, welche Schmerz und Leiden aktiv begegnet, gesteuert werden.
Die Mittel: Abseits allem Sakralen (9) wendet sich der Mensch sich und seinen nächsten zu. Solidarität – nicht Kadaver-Gehorsam – ist die Devise der Stunde.
Das Schöne hierbei: Nicht das Hormon Adrenalin, sondern Oxytocin (10) und Serotonin (11) wird ausgeschüttet.
Ich wünsche Euch einen kuschel-warmen Winter!
(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Terroranschläge_am_11._September_2001
(2) https://de.wikipedia.org/wiki/Aleppo
(3) https://de.wikipedia.org/wiki/Westwall
(4) https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzer_Donnerstag
(5) https://de.wikipedia.org/wiki/Adrenalin
(6) https://de.wikipedia.org/wiki/Querfront
(7) https://de.wikipedia.org/wiki/Pazifismus
(8) https://de.wikipedia.org/wiki/Hedonismus
(9) https://de.wikipedia.org/wiki/Sakral
(10) https://de.wikipedia.org/wiki/Oxytocin
(11) https://de.wikipedia.org/wiki/Serotonin
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